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Ötztaler Radmarathon 2018

.. einmal kalt, immer kalt

Sonntag 02. September 2018

Ein Leben, tausende Eindrücke und Erfahrungen. Manche davon bleiben, viele davon verblassen. Am Sonntag den 2. September 2018 kam eine neue hinzu, eine von der Art die man nie vergisst. Eine Woche vorher hätte ich noch Stein und Bein geschworen den Ötztaler bei solchen Wetterbedingungen nie in Angriff zu nehmen oder abzubrechen wenn es doch soweit käme. Bei meiner fünften Teilnahme kam es jedoch ganz anders.
Als wenn es nicht genug gewesen wäre von den legendären 238 Rennkilometern weit über 200 im Regen zu fahren waren es auch noch die extrem kalten Temperaturen von 1° bis 10° C die uns Fahrern zu schaffen machten. Die aufgebissenen Wangeninnenseiten durch das aufeinanderschlagen meiner Zähne spüren ich zwei Tage später immer noch.
In den letzten Jahren hatte ich einige kalte Abfahrten erlebt bei denen ich ähnlich gebibbert habe. Das ständige kontrollieren ob die eisigen Hände noch den Bremsgriff umfassten war mir auch bekannt. Meistens aber ging dies mehr oder weniger schnell vorbei. Unten in den Tälern konnte man dann wieder auftauen.

Dieses mal nicht, das Motto des heutigen Tages lautete "einmal kalt, immer kalt".

So knabberte ich mir Kilometer um Kilometer vom Ötztaler Kuchen ab und dachte schlimmer geht′s nicht mehr, ohne aber dabei die Rechnung mit dem Jaufenpass gemacht zu haben. Hoch lief′s ganz gut, die angepeilten Wattwerte passten und teilweise kam sogar ein kleines bisschen das Gefühl von Wärme zurück. Oben angekommen gleich ab der ersten Kehre dichter Nebel mit Sichtweiten die auf Bundesdeutschen Autobahnen Chaos ausbrechen lassen würden. Also irgendwie runter zittern und dabei versuchen die Strecke nicht aus den Augen zu verlieren. Vielleicht wäre ich mutiger abgefahren wenn ich die Strecke nicht schon bei deutlich besserem Wetter gesehen hätte.

An Sankt Leonhard vorbei zum Timmelsjoch war mir komischer Weise der Regen und die Kälte "ein wenig" egal. Die Beine fühlten sich wirklich top an und so machte ich mich an mein Vorhaben die nächsten knapp 30 Kilometer endlich einmal mit Wattwerten deutlich über 200 zu bewerkstelligen. Das Endergebnis und die Zeiten die ich heute auf den nassen Abfahrten verloren hatte interessierten mich nicht mehr. Mein Ziel war ab da, "Timmelsjoch über 200 Watt".

Kurz vor der letzten großen Labestation in Schönau erwartete mich schon Pia. Wenn ich nicht gewusst hätte das sie bei diesem Sauwetter, bepackt mit einem Rucksack voller Trinkflaschen und auf dem Rad von der andreren Seite diesen Berg erklommen hatte, wäre ich wohl weitergefahren bloß um nicht mehr anhalten zu müssen. Immerhin war letztes Jahr hier für mich der Ofen aus und ich musste 25 Minuten pausieren um überhaupt weiterfahren zu können.
So euphorisiert machte ich mich an die letzten Kilometer bergauf und bemerkte erst spät das ich auch bereits den kurzen Gegenanstieg zur Mautstation hinter mich gebracht hatte. Jetzt bloß keinen Defekt mehr und schön mit Bedacht die wiederum nasse Abfahrt runter dachte ich mir, dann ist das Ding gleich durch.

Geschafft . . meine Bestzeit konnte ich dieses Mal zwar nicht verbessern aber meine Leistung an den Anstiegen hat mich im nachherein deutlich dafür endschädigt. Auch weiß ich jetzt wozu man(n) in der Lage ist wenn man sich wirklich überwindet und bereit ist sich zu quälen.

... das ich bereits am Kühtai aussteigen wollte verrate ich hier allerdings nicht. Ist ja auch nicht notwendig, Cordu sei Dank! Ihr freundliches aber bestimmendes, "Nix du hörst hier nicht auf, du fährst mal schön weiter, du liegst so gut" klingt mir immer noch in den Ohren.